Interview mit Achim Müller

Lieber Herr Müller, stellen Sie sich doch erst einmal vor.

Ich bin im Westerwald aufgewachsen und lebe in England in der Nähe von London. An der Uni Marburg habe ich in Geschichtswissenschaften promoviert und war dort auch als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrbeauftragter tätig. Dabei habe ich mich schwerpunktmäßig mit dem Zeitalter der Weltkriege und insbesondere mit dem Nationalsozialismus auseinandergesetzt. Inzwischen bin ich in einem ganz anderen Beruf, und daher ist das Schreiben für mich eine Art Rückkehr zu meiner alten Leidenschaft, der Historie.

Ihr Buch „Neun Tage Berlin“ ist gerade im Rote Katze Verlag erschienen. Worum geht es in diesem Roman und wie kam er zustande?

Die englische Halbschwester von Magda Goebbels gerät während eines Berlinbesuchs im Frühjahr 1939 in die Fallstricke einer Verschwörung in Hitlers innerem Zirkel.
Die Mechanismen der Naziführungsriege haben mich schon immer fasziniert und im Zusammenhang damit die Frage, wie man als demokratischer Staat einer solch aggressiv auftretenden Diktatur entgegentreten soll. Es war für mich spannend, eine Geschichte zu erzählen, in der die Nazigrößen selbst als handelnde Figuren auftreten, eben als Menschen, ohne ihre Taten dabei zu verharmlosen. In diesen Führungszirkel um Hitler habe ich dann eine komplett außenstehende junge Frau hineingeworfen.

Was hat es mit dem Titel auf sich?

Der Titel bezieht sich auf den kurzen Berlinaufenthalt, in dem die Protagonistin eine enorme Wandlung durchlebt, getrieben durch äußere Umstände in einer Phase politischer Umwälzungen.

Wie viel von Ihrem Roman ist Fiktion und wie viel besteht aus tatsächlichen Fakten?

Die eigentliche Story ist natürlich fiktional. Es war mir aber ein Anliegen, reale Figuren, Orte und Ereignisse weitestgehend historisch korrekt zu zeichnen. Natürlich habe ich dabei erzählerische Freiheiten nehmen müssen, um eine originelle, spannende Geschichte schreiben zu können, die Leserinnen und Leser unterhält.
Eine Nachbemerkung im Buch erläutert das im Detail und trennt Fakten und Fiktion voneinander.

Welche Erinnerungen haben Sie an den Schreibprozess?

Am meisten Spaß hat mir die Recherche gemacht – in Büchern und Online, vor allem aber vor Ort in Berlin. Auch das eigentliche Schreiben und Formulieren genieße ich. Das kann aber auch gelegentlich ein mühsamer Prozess sein, wenn sich der Buchfortschritt nur in kleinen Bruchstücken einstellen will.

Sehen Sie irgendwelche Parallelen zu den heutigen Ereignissen in Bezug auf Russland und die Ukraine und wenn ja, welche?

Wenn ich mir die Meldungen aus dem Russland von heute anschaue, mit den Schilderungen der unterschiedlichen Fraktionen von Putins Regime, dann kommt einem schon vieles bekannt vor. Darüber hinaus hat die russische Invasion in der Ukraine ja für uns alle die Frage des richtigen Umgangs mit einer kriegerischen Diktatur sehr präsent gemacht. Auch die Versuchung, dem Regime nicht entgegenzutreten, solange man selbst nicht direkt betroffen ist, wiederholt sich gerade in Teilen, auch wenn die Ausgangssituationen natürlich nicht die Gleichen sind. Im Jahr 1939 war das jedenfalls die Schlüsselauseinandersetzung innerhalb der britischen Politik und in meinem Buch windet sich der britische Vizebotschafter entsprechend.

Haben Sie ein Lieblingszitat aus Ihrem Roman?

Schwierige Frage, und die einfache Antwort lautet Nein. Da das aber natürlich keine zufriedenstellende Antwort wäre, habe ich ein Zitat ausgesucht, das ich dem oben genannten Vizebotschafter in den Mund gelegt habe:

„Meine liebe Miss Featherstone, Ihre nachgerade kindliche Naivität kann gelegentlich verstörend wirken.“

Das umschreibt für mich ein Kernproblem, mit dem meine Protagonistin während ihres Berlinaufenthalts zu kämpfen hat. Nämlich als 25-jährige Frau ohne eine politische Funktion zwischen den Größen von Nazi-Regime und britischer Diplomatie überhaupt Gehör zu finden.

Wer sollte Ihren Roman lesen und warum?

Alle, die ein Roman in einer realen vergangenen Welt mit vielen historischen Details anspricht.
Alle, die eine Romanheldin begleiten wollen, die sich in der halsbrecherischen Welt der Nazi-Elite auf die Seite einer mysteriösen Verschwörung schlägt.
Alle, die schlicht die spannende Unterhaltung eines Thrillers mögen.

Ist Ihr Buch für Krimi-Leser geeignet?

Das Buch ist in gewisser Weise ein Krimi, das stimmt. Schließlich kommt die Geschichte mit einem mysteriösen Mord ins Rollen und die Frage, wer hinter der brutalen Tat steht, zieht sich durch das ganze Buch.

5 Gründe, aus denen man Ihren Roman lesen sollte:

  1. Es ist ein echter Thriller mit Tempo, Twist und Blutvergießen.
  2. Außerdem ist es ein Krimi um den mysteriösen Mord an einem britischen Diplomaten.
  3. Und es ist ein Historischer Roman, in dem eine Vielzahl historischer Details und Ereignisse verwoben sind.
  4. Man taucht für einen Moment in die Welt von Hitlers Hofstaat ein und auch in die Welt von Diplomatie und Geheimpolizei.
  5. Nicht zuletzt begleitet man die unterschiedlichsten Charaktere, wie sie im Spannungsfeld der Nazi-Diktatur agieren. Seien es verschwörerische Generäle oder ein Chefingenieur bei der Luftwaffe mit jüdischen Vorfahren oder sei es die betrogene Ehefrau des Propagandaministers.

Ihr Wunsch für den Leser:

Ich wünsche mir einfach, dass man/frau die Lektüre genießt.

Vielen lieben Dank, Herr Müller, für das tolle Interview.
@Unsere Leserschaft: Hier können Sie den Roman „Neun Tage Berlin“ bestellen.

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